Matthias Lyssy – Wald und Peripherie

4.11. – 27. 11. 2016

Matthias Lyssy  –  Wald und Peripherie

Langzeitbelichtungen in Bewegung und bearbeitete Polaroids

 

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„Wald und Peripherie“ umschreibt in trefflicher Form den Raum Ebersberg. Der Ebersberger Forst – einst Jagdgebiet der Kurfürsten und Wirtschaftsgrundlage der Ebersberger Mönche hat die Entwicklung der Peripherie – die Stadt Ebersberg und ihre Umgebung maßgeblich beeinflusst und besitzt auch heute einen hohen Stellenwert als Erholungs- und Freizeitort bei den Bürgern der Region. So ist es eine glückliche Fügung, dass der Frankfurter Künstler Mathias Lyssy in der Alten Brennerei des ehemaligen Klosterhofes seine Ausstellung „Wald und Peripherie“ präsentiert.

Für Mathias Lyssy ist der Wald ein Rückzugsort, ein Ort der Kontemplation in dem man sich emotional aufgehoben fühlt. Dabei reflektiert der Wald nicht nur sonnige Gefühle, sondern auch das Geheimnisvolle, Düstere – die Bandbreite der menschlichen Ängste. Das unterschiedliche Licht der Jahreszeiten begeistert nicht nur den Fotografen, sondern auch den Maler, der die dadurch stimulierte Gefühlswelt farblich festhalten will. Diese außergewöhnliche Verbindung der Medien Malerei und Fotografie zeichnet die Werke des Künstlers Mathias Lyssy aus und macht sie in ihrer emotionalen Wirkung so faszinierend. Dabei geht er zum einen ganz traditionell, geradezu handwerklich mit dem Einsatz von Polaroid-Kamera und Digitaler Kamera, den Mittel der Belichtungszeit und Ausschnittwahl oder dem Einsatz von Pastellfarben zum Kolorieren vor. Zum anderen nutzt er ganz zeitgemäß digitale Programme zum Ausschneiden und neu Komponieren von Motive sowie der Veränderung der Bildwirkung mittels Gradationskurven, Kontrast- und Farbbalancen.

Den Bäumen nähert er sich mit der Kamera in Wellenbewegungen, umkreist sie und erzeugt durch die langen Belichtungszeiten Unschärfen und Wischeffekte, als wären die Farbflächen mit dem Pinsel bearbeitet. Partien, die durch die lange Belichtungszeit ganz weiß werden und wie ausgeschnitten wirken, werden wieder malerisch harmonisiert. Andere Farben intensiviert und somit leuchtende Lichtflächen erzeugt. Der Grund für die malerische Bearbeitung ist die Beschränktheit des Mediums Fotografie, dass nie das technisch wiedergeben kann, was der Mensch emotional wahrnimmt. So möchte Mathias Lyssy mit der malerischen Bearbeitung der Fotos die Erinnerung wieder herstellen von dem was man mit seinen Emotionen, Gerüchen, Lichtwahrnehmungen, Farben ganz anders im neuralen System fokussiert, konzentriert und abgespeichert hat.

Einige Motive erhalten eine geradezu malerisch, haptische Umwandlung. Dann fotografiert Mathias Lyssy das Bild vom PC-Monitor mit seiner Polaroidkamera (SX 70 Spiegelreflex) ab. Das Polaroid fordert eine schnelle Bearbeitung, da die Künstlerhand nur während des Entwicklungsprozesses auf die Bildgestaltung einwirken kann. Das Polariod wird aufgetrennt und die freiliegenden Fotoschichten mit Skalpell und Schere bearbeitet. Als Effekt zeigt sich ein Bild, das wie mit Tusche kontrastiert wirkt. Die Schichten werfen sich als plastische Konturlinien auf und lassen das gesamte Motiv wie gemalt wirken. Dieser Effekt wird verstärkt, wenn Mathias Lyssy den Hintergrund auch noch mit Pastelltusche koloriert.

Der Künstler Mathias Lyssy ist ein Wandler zwischen Handwerk und digitaler Arbeitsmittel, zwischen fotografisch-technischer Umsetzung und farblich-malerischer Gestaltung, emotional verortet zwischen Wald und Peripherie und damit ein sensibler Beobachter unserer gespaltenen Sinneswelten.

Karin Dohrmann